Handeln in den Krisen, die kommen

Dieser Text ist das Ergebnis vieler Diskussionen und Gespräche und vieler klugen Gedanken, die Basti mit Genoss*innen geführt und geteilt hat. Er ist motiviert von dem anhaltenden Gefühl der Orientierungslosigkeit von einem Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung und der Versuch, in und um die IL eine Debatte zu befördern, um auf diesen Zustand zu reagieren. Dabei soll es darum gehen, zu skizzieren, warum die zunehmenden Klimafolgekrisen ein Arbeitsfeld für die IL darstellen sollten und wie eine strategische Linie darin aussehen könnte.

Long story short - ich vertrete die These, dass die IL eine Praxis entwickeln sollte, die die kommenden Klimafolgekrisen zum Ausgang nimmt. Ich bin nicht der erste, der auf diese Idee kommt, glaube aber, dass es neben der politischen Notwendigkeit eine große Schnittmenge zwischen der in diesem Feld notwendigen Strategie und Praxis und der politischen Bestimmung der IL gibt.

Das Offensichtliche zuerst

Über das aktuelle Stadium der Klimakrise und die damit verwobenen multiplen Krisen der Gegenwart wurde und wird viel geschrieben. Das auszuführen soll nicht Zweck des Textes sein, aber ich möchte kurz umreißen, welche Annahmen ihm zugrunde liegen.

In den aktuellen Zeiten der beschleunigten Krisen ist Destabilisierung Programm. Die zeitliche und räumliche Kostenverschiebung, auf der die kapitalistische Akkumulation basiert und ihre relative Stabilität fußt, bekommt immer mehr Risse. Die Zukunft wird Gegenwart, Andernorts ist hier. Mit den Worten einer Genossin von der IL-Strategiekonferenz 2016: Deutschland ist einmal mehr Teil der Welt geworden. Extremer Starkregen, Waldbrände, Hitze und so weiter. All das ist schon da und wird noch zunehmen, während das Leben in vielen Teilen der Welt immer unmöglicher wird. Auch der Rest des globalen Nordens bekommt die Krisen zu spüren. Grob lassen sich (v.a für den globalen Norden) länderübergreifend zwei Projekte skizzieren, die sich implizit zur Lösung der Krisen herausgebildet haben. Da wären zum einen die verschiedenen Spielarten eines »grünen Kapitalismus« – also Ausformungen einer von den Herrschenden postulierten Krisenlösungsstrategie. In den USA ist es »Bidenomics«, hier vor Ort wahrscheinlich am ehesten die Ampel. Sie zeichnen sich aus durch eine zumindest teilweise Anerkennung der Klimakrise und den Versuch, diese mittels eines neuen Akkumulationsregimes zu lösen. Eine grüne Festung soll entstehen - nach innen (zumindest für Mittel- und Oberklasse) lebenswert, nach außen militärisch abgesichert gegen die Verwerfungen und das Elend im Rest der Welt, mit massenhaft Toten an den Außengrenzen als Folge. In Abgrenzung dazu hat sich eine rechte Allianz herausgebildet, in die auch Teile der Faschist*innen eingebunden sind. Sie setzt weiterhin auf die fossile Produktion und sucht den kleiner werdenden Kuchen an Privilegien des globalen Nordens mit aller Gewalt zu verteidigen, ob nun gegen Queers oder Geflüchtete. Sie fußt ihr Zukunftsversprechen auf der vollständigen Ausblendung der Klimakrise.

Welches dieser Projekte sich wo mittelfristig durchsetzt bleibt offen. Sie konkurrieren inner- und zwischenstaatlich miteinander vor dem Hintergrund einer entstehenden multipolaren Weltordnung, in der das internationale Machtgeflecht offensiv und teils kriegerisch neu ausgehandelt wird. Dies führt dazu, dass, platt gesagt, auch mal etwas zu Ungunsten kurzfristiger Profite oder dem Willen der Bevölkerung durchgeboxt wird, um die eigene Machtposition zu stärken. Das ist also (sehr grob und vereinfacht) die Kulisse, vor der die Linke versucht, ein strategisches Projekt zu entwickeln. Alles andere als einfach.

Strategien der Klimagerechtigkeitsbewegung

In dieser Konstellation befinden wir uns als Linke und als Klimagerechtigkeitsbewegung im spezifischen in einer Lage der Defensive. Den Rechten gelingt es, das sozialpsychologisch dominante Gefühl der Angst und Verunsicherung aufzugreifen und aggressiv regressiv zu wenden. Demgegenüber packt in Deutschland die Ampel im Zweifel nur die Gießkanne aus, um soziale Krisen abzufedern. Zwar hat das neoliberale Heilversprechen an Bindungskraft eingebüßt, scheint aber nach wie vor wirksam. Linke Perspektiven werden zwischen den beiden Polen zerrieben.

Gleichzeitig herrschen in der Klimagerechtigkeitsbewegung Hoffnungslosigkeit und Ausgebranntheit. Verständlich, denn ihr fehlt aktuell jeglicher Hebel. Das liegt auch daran, dass sie mit ihrer Politik am Ende des Tages auf das Milieu der Grünen gesetzt hat und jetzt mit herunter gelassenen Hosen dasteht: Sie hat keine Macht im Parlament, keinen Einfluss in den Betrieben und keine ausreichend breite Unterstützung für eine Eskalation der Mittel. Logischerweise lief also die Strategiesuche im letzten Jahr auf Hochtouren und mittlerweile haben sich in der deutschen Debatte zwei recht eindeutige strategische Linien herausgebildet, während ein dritter Teil der Bewegung sich nach wie vor in der Findung zu befinden scheint.

Erstens ist da die Letzte Generation, deren Ansatz grob gesagt darin besteht, auf ein radikales Innehalten der Gesellschaft zu zielen, gemischt mit einem recht klassischen Konzept des Bewegungsaufbaus. Der Hebel gesellschaftlichen Wandels, auf den gesetzt wird ist als die Einsicht der Gesellschaft in die Richtigkeit von Klimaschutz, daraus folgende moralische Empörung und politisches Handeln. Bisher fehlt es einer Eskalation der Mittel bzw. Ausweitung ungehorsamer Praxis, wie sie die Letzte Generation anstrebt, aber an gesellschaftlichen Rückhalt. Am Ende des Tages trägt die LG dazu bei, dass die Klimafrage zum Kulturkampf-Thema verkümmert, denn ihre Praxis ist nur auf dem Papier massifizierbar. Real blendet sie die bestehenden Risse im Alltagsverstand der Menschen und sozialpsychologische Bedürfnisse aus, über die Verbindungspunkte hergestellt werden könnten.

Ein zweiter Teil der Bewegung stützt sich auf die Annahme, dass die Klimabewegung nicht weit kommen wird, solange ihre Zielgruppe die bürgerliche Mittelschicht bleibt und strebt eine Milieuverschiebung in Verbindung mit klassischen politischen Hebeln an. In Projekten wie #wirfahrenzusammen sollen die durch die Klimakrise anstehenden Umwälzungen in der Arbeitswelt, wie im Bereich der Energiegewinnung oder des Verkehrssektors, aufgegriffen und politisiert werden. Damit sollen Gewerkschaftskämpfe und Streiks nach links verschoben und politisiert werden und die Arbeiter*innenklasse vom Projekt der Klimagerechtigkeit überzeugt werden. Daran ist erst einmal nichts falsch. Verbindungspunkte zwischen Klima- und sozialen Kämpfen zu suchen ist sinnvoll und jedes Ereignis, bei dem die Klimabewegung überhaupt einmal bei Arbeiter*innen vorstellig wird, ist unterstützenswert.

Gleichzeitig bleiben die Projekte, wo klassische Betriebskämpfe mit Klimazielen verbunden werden könnten, begrenzt. Außerdem setzt diese Strategie auch auf das Gestaltungsfenster einer »grünen« Transition. Dieses kann sich aber genauso schnell wieder schließen, wie es sich aufgetan hat. Eine angesichts der schwächelnden deutschen Wirtschaft und den aktuellen Kulturkämpfen gar nicht mal so unwahrscheinliche Merz-CDU geführte Bundesregierung könnte gut und gerne die zaghaften Umbaubestrebungen wieder abblasen, auf Verbrenner und Fossile setzen und damit die Sicherheit der weißen deutschen Industriearbeiter*innen wiederherstellen. Das passt auch gut in das sich global abspielende Schneckenrennen des Ausstiegs aus den fossilen Energien: Wer als erstes auf Kohle, Öl und Gas verzichtet, verliert den damit einhergehenden Wettbewerbsvorteil. So kann also eine Allianz zwischen Klimabewegung und Arbeiter*innen, die im Interesse beider ist, auch ganz schnell wieder passé sein.

Krisenfolgen als Lücke

Eine dritte Fraktion der Klimagerechtigkeitsbewegung hat sich strategisch immer noch nicht festgelegt. Ich würde diese mal grob als das »Ende Gelände Spektrum« bezeichnen. Hier will man sich nicht so recht festlegen zwischen der Einsicht in die faktische Notwendigkeit sofortiger gesellschaftlicher Unterbrechung und der strategischen Einsicht in die Notwendigkeit einer, vielleicht nicht mehrheitsfähigen aber zumindest massifizierbaren, also auf signifikante Minderheiten abzielenden Praxis. Ein Dilemma, was uns als IL nur zu gut bekannt ist. Ohne mir anzumaßen dieses Dilemma auflösen zu können (das ist in letzter Konsequenz unmöglich), möchte ich das Feld der Klimafolgekrisen als ein Praxisfeld, in den Ring werfen das diesen Widerspruch zumindest nach vorne bringen kann und praktisch bearbeitbar macht.

Für meinen Vorschlag ist folgende These zentral: Weder die Varianten des »grünen Kapitalismus« noch die rechten Klimaleugner*innen sind in der Lage die Folgephänomene der Klimakrise wie Brände, Hitze, Wasserknappheit und Fluten wirksam zu adressieren, das heißt sie langfristig ideologisch und materiell einzuhegen. Sie sind weitestgehend aus ihrem Heilversprechen ausgeklammert. Die Wirksamkeit rechter Narrative in Krisensituationen darf nicht kleingeredet werden. Trotzdem gilt für das faschistoide Projekt, dass eine Erklärung über Externalisierung (»die da oben« oder »die anderen«) dann angreifbar wird, wenn Krisen immer und immer wieder auftreten. Und für die Pseudogrünen, dass auch ihre neuen Hoffnungsindustrien (siehe z.B. die Wasserfrage rund um Tesla und Intel) neue Krisenphänomene mit hervorbringen und am Ende des Tages keine echte „Lösung“ für die Klimafolgekrisen darstellen. Ich behaupte also, dass die Herrschenden nur unzureichend in der Lage sein werden, bzw. überhaupt in der Lage sein können, die in Zukunft immer häufiger und regelmäßiger werdenden Katastrophen zu adressieren.

Die Krisenerscheinungen schaffen damit eine politische Situation, an die ein linkes politisches Projekt anknüpfen kann. Zuallererst stellen die Folgekrisen einen Riss im Alltagsverstand der imperialen Lebensweise dar, denn die Konsequenzen dieser werden auch in Deutschland nach und nach spürbar. Damit bilden sich aber auch Schnittmengen zwischen Klimagerechtigkeit und materiellen Interessen. Unsere Antworten sind hier hilfreich wie logisch: Damit das aufhört, muss sich radikal etwas ändern. Dabei werden durch Krisenerfahrungen Fragen des Klimaschutzes, die vorher vielleicht trocken und technisch erschienen, affektiv aufgeladen.

Auch würde ich behaupten, dass in der Globalität der Krisen die Möglichkeit einer internationalistischen Erzählung liegt. Natürlich sind die Krisenerfahrungen sehr verschieden. Und trotzdem bilden sie eine zumindest in Teilen geteilte Erfahrung, aus der heraus ein globales Projekt der Solidarität als Lösung erwachsen kann. Zwar ist der Umgang mit Folgekrisen eine durch und durch klassenpolitische Frage: Menschen mit geringem Einkommen sind als erstes und am stärksten betroffen, weil sie diese nicht einfach mit privaten Mitteln abfedern können. Gleichzeitig ist die Betroffenheit vielschichtig: Wasserknappheit, Hitze und Brände wirken an unterschiedlichen Orten, betreffen unterschiedliche Gruppen und markieren andere Gegner. Hier braucht es Aktivist*innen, die in der Lage sind, passende Organisierungsformen und Narrative zu finden, die auf die eigentliche Ursache - die Klimakrise - hin zuspitzen. Von den klassischen politischen Akteuren ist das nicht zu erwarten.

Eine praktische Skizze

Wir dürfen vor dem Gräuel der Klimakrise nicht die Augen verschließen. Das Leid, was sie hervorbringen wird ist schwer vorstellbar. Gerade deshalb aber sollten wir uns angesichts der Fakten nicht dumm machen lassen, sondern umso dringlicher auf die Suche nach Handlungsmöglichkeiten und Veränderungspotential gehen. Um handlungsfähig im in den kommenden Klimafolgekrisen zu sein, bedarf es in meinen Augen zweierlei:

Erstens muss eine Praxis zu Klimafolgekrisen als Prozess eines kontinuierlichen Aufbaus begriffen werden. Dafür müssen wir die nötigen Fähigkeiten erlernen. Das heißt wir müssen lernen mit Leuten außerhalb unserer Blase zu reden, zuzuhören, ihre Sorgen ernst zu nehmen. Hier können wir noch viel von dem Organizing-Hype der letzten Jahre lernen. Dabei können wir bis zu einem gewissen Grad von unserer eigenen Betroffenheit ausgehend handeln: Auch wir haben Angst, auch uns wird das Wasser knapp. Das gilt vor allem für die Städte. Auf dem Land, wo die Folgen ebenfalls verheerend sein werden und vor allem früher auftreten, sind wir als Linke weniger verankert und begegnen den Leuten aus einer anderen Sprechposition. Gleichzeitig lässt sich aber an Erfahrungen der Klimabewegung wie beispielsweise im Rheinland anknüpfen. Wir dürfen uns in unserer Praxis nicht zu schade sein für klein erscheinende realpolitische Erfolge, die aber praktische Hilfe leisten. Im Gegenteil: Gerade um das Fehlen der Antworten des politischen Gegners deutlich und die eigene Perspektive wirklich erfahrbar zu machen, plädiere ich dafür hier so konkret wie möglich zu werden.

Unsere Perspektive ist darin eine der Sicherheit gegen Angst und Unsicherheit. Wir bieten eine klare Zukunftsperspektive: Vielleicht wird es nicht mehr von allem geben, dafür aber ein Nachlassen der Krisen und eine bessere Anpassung für alle. Darin liegt in meinen Augen ein Potential für eine wirksame Erzählung. Zweitens müssen wir eine kurzfristige Handlungs- und Mobilisierungsfähigkeit auf- und ausbauen. Die Schlagzahl an Katastrophenereignissen wird sich erhöhen. In diesen Momenten müssen wir in der Lage sein kurzfristig praktische Hilfe zu leisten und öffentlich sprechfähig zu sein. Uns geht es dabei nicht nur um reine Katastrophenhilfe, sondern die Forderung ernsthafter Prävention, also nach realem Klimaschutz.

Ich denke hier können wir viel von den schon laufenden Kämpfen unserer Genoss*innen in jetzt bereits stark betroffenen Regionen lernen. Auch von Bewegungen wie Black Lives Matter und der antirassistischen Bewegung, die sicher schon lange mit der Frage konfrontiert sind wie sich Angst und Ohnmacht in Handlungsfähigkeit wandeln lässt.

Ein derartiges Projekt unterscheidet sich dann von klassischer Kümmererarbeit, wenn wir darin einen konsequent internationalistischen Standpunkt einnehmen, wir also die globalen Betroffenheits- und Profitstrukturen nicht hinten runterfallen lassen. Hier müssen wir radikal ehrlich sein und dürfen keine Heilversprechen geben, sondern den darin enthaltenen Antagonismus zu den Lebensweisen der Mehrheitsgesellschaft annehmen. Projekte, die meinen, ohne diesen Klimarealismus auszukommen, stellen de facto die Frage der Klimagerechtigkeit hinten an und verschieben sie in eine Zukunft, die vielen Menschen nicht bleibt.

Ein solcher zeitlicher Realismus darf aber nicht den Blick verstellen gegenüber der Tatsache, dass auch, und vielleicht sogar gerade im Zentrum der imperialen Lebensweise und kapitalistischen Produktion signifikante Teile der Bevölkerung für ein klimagerechtes Projekt mobilisiert werden müssen, um dieses zu erreichen. Denn wenn nicht hier die Macht des Kapitals wirksam infrage gestellt wird, wird sie wohl andernorts kaum aus den Angeln gehoben werden können.

Eine Wette auf die eigene Analysefähigkeit

Unsere Aufgabe muss also sein jene Risse in der kapitalistischen Realität zu identifizieren, in der ein gemeinsames Anderes und damit eine solidarische Bezugnahme sichtbar und möglich wird. Konkret heißt das, und das habe ich versucht mit diesem Text darzulegen, dass wir die Folgeerscheinungen der Klimakrise als Möglichkeit für solche Risse begreifen, die kommen werden, und dass wir das darin vorhandene Moment der Verbundenheit der Vielen, international wie vor Ort, praktisch aufgreifen. Wir also in den Auseinandersetzungen um Wasserknappheit, Katastrophen- und Hitzeschutz aktiv werden und Erzählungen und Forderungen entwickeln, die verbindend wirken und die Zustände im globalen Süden nicht ausklammern, sondern auf Klimagerechtigkeit abziehen. Dafür müssen wir uns bereits jetzt fragen: Wo werden diese Krisen auftreten? Wie werden sie konkret aussehen und wer wird betroffen sein?

Integraler Bestandteil eines solche Projekts ist aber, dass wir von den Menschen ernst genommen werden und im Gegenzug ihre Bedürfnisse und Gefühle ernst nehmen. Mit den krisenhaften Situationen werden auch die Momente offener Deutungshoheit zunehmen, womit es für uns am Ende des Tages auch ein Stück weit alternativlos wird uns mit den Klimafolgekrisen ins Verhältnis zu setzen. Denn: Die Krisen kommen, so oder so. Die Frage ist, ob wir sprechen und handeln können. Und ob wir gehört werden. Wenn wir es nicht tun, tun es die anderen.

Dass Faschisierung als reale Reaktion zum Klimakollaps auf dem Tisch liegt, dürften die meisten begriffen haben. Wir sollten dabei aus den letzten Jahren lernen. Wir schlagen die Rechten dann, wenn wir Themen setzen, auf die sie keine Antworten haben. Und die rechte Antwort auf die Klimakrise ist Leugnung. Wir aber haben Antworten, warum Wald brennt, warum Wasser knapp ist, die Straßen überschwemmt werden und alte Menschen an Hitze sterben. Und wir bieten eine Perspektive, eine Handlungsoption.

Mir geht es also vor allem darum das Feld der Klimafolgekrisen als Leerstelle zu markieren, in der es sich lohnt aktiv zu werden, beziehungsweise mehr noch: in der wir in meinen Augen aktiv werden müssen. Denn: Wir wissen was uns erwartet. Jetzt geht es darum adäquat darauf zu reagieren und das nötige Handwerkszeug dafür zu lernen. Zum Abschluss möchte ich nochmal ein konkrete Ideen anführen, von denen es meiner Meinung nach lohnenswert wäre sie weiter zu diskutieren.

Was übrig bleibt

Ich würde behaupten, dass die Entwicklung einer Praxis zu den Klimafolgekrisen unabdingbar ist, eine one-size-fits-all-Lösung ist sie aber nicht. Es wird weiterhin Momente geben, in denen wir Projekte der Herrschenden, wie den Ausbau fossiler Infrastruktur angreifen und verhindern müssen, auch gegen die Interessen der lokalen Bevölkerung. Ein Widerspruch, der sich in meinen Augen nicht ausräumen lassen wird. Gleichzeitig bedeutet eine effektive Bekämpfung der Folgekrisen häufig auch effektive CO²-Einsparungen: Energetische Gebäudesanierung, Entsiegelung der Flächen, Abbau wasserintensiver Industrien und so weiter.

Was dabei offen bleibt ist die Frage des Hebels, also der praktischen Umsetzungsperspektive. Hier müssen wir weiterdenken, sollten aber Konsequenzen ziehen aus letzten zehn Jahren. Innerhalb eines linken Verbundes mittels zivilen Ungehorsams zuzuspitzen und die Grenzen des Möglichen auszureizen und so die Herrschenden zu Konzessionen zu zwingen wird Bestandteil unserer Methoden bleiben. Ausreichen tut es jedoch nicht, gerade in Zeiten einer erodierenden Sozialdemokratie. Was uns in meinen Augen weiterbringen kann sind die Debatten rund um Vergesellschaftung und Demokratisierung. Infrastrukturen der Logik des Kapitals zu entziehen und im Sinne des Einbezugs von Betroffenen zu demokratisieren bietet das Potential für reale Verbesserungen, spart konkret CO² ein und bildet darüber hinaus den Fluchtpunkt einer anderen Gesellschaftsordnung. Auch hier müssen wir in meinen Augen so konkret wie möglich sein: Wie kann eine Vergesellschaftung städtischer Flächen aussehen? Wo gibt es hier Ansatzpunkte in der Wasserfrage? In welchen Formen finden wir Infrastrukturen vor und was ließe sich durch eine Veränderung dieser Form gewinnen? Wieder: sich hier praktisches Wissen anzueignen stärkt unser Projekt. Dabei gilt es aber das Auge für die Dynamik krisenhafter Momente nicht der Realpolitik zu opfern und Praxen, die auch die Wut der Menschen aufgreifen parat zu haben. Momente der Zuspitzung wird es auch hier geben.

Worauf auch immer wir uns verständigen, wir sollten es bald tun. Denn die Realität der Klimakatastrophe hat uns schon lange eingeholt. Wir sollten ihr begegnen.

Autor*in: Basti ist aktiv in der Klima-AG der IL Berlin.

Bild: Tempo,Tempo! Eine Schnecke fern des Überholkurses!? von slidestream.