Debatte: Nach der Bundestagswahl 2017 – Was tun?

»Nach der Bundestagswahl 2017 – Was tun?« Unser Call for Papers zur Wahl.

Es war zu erwarten: Die AfD hat den Einzug in den Bundestag geschafft. Ebenfalls nicht völlig überraschend, aber trotzdem erschreckend: die Partei wird drittstärkste Kraft und kann vor allem in Ostdeutschland starke Ergebnisse erzielen – in Sachsen überholt die AfD mit 27 Prozent sogar die dort ebenfalls stramm rechte CDU. Aber nicht nur die AfD sorgt nach der Wahl für Gesprächsstoff: CDU und CSU müssen starke Verluste verzeichnen, können aber wohl dennoch Angela Merkel in ihre vierte Amtszeit schicken; die SPD will nicht regieren, sondern mit Schulz in die Opposition; die FDP ist wieder da, die GRÜNEN sind es immer noch – und die LINKE? Stagniert im Großen und Ganzen, erreicht im protestgeprägten Hamburg ein gutes Ergebnis und fällt ansonsten dadurch auf, dass Wagenknecht, Lafontaine und Co. mal wieder Verständnis für AfD-Wähler*innen äußern und die eigene Partei zum Kurswechsel in der Migrationspolitik auffordern. Ansonsten: Die Wahlbeteiligung lag mit gut 76 Prozent vier Punkte höher als 2013.

Was bedeutet diese Bundestagswahl für eine radikale gesellschaftliche Linke? Auf was muss sie sich einstellen, was tun? Das betrifft Fragen, die ganz unmittelbar mit der Wahl zu tun haben, z.B.: Wie schätzen wir das Wahlergebnis im größeren Kontext ein – handelt es sich um eine grundlegende Verschiebung oder »nur« um die nachholende Anpassung an europäische Trends? Bedeutet eine mögliche Jamaika-Koalition unter Merkel ein bloßes Weiter-So oder müssen wir uns auf eine neue Runde neoliberaler Angriffe, weitere autoritäre Entwicklungen, mehr Überwachung, Repression, Abschottung und Krieg einstellen? Wo werden sich hier Kampffelder verlagern, neue entstehen, andere verpuffen?

Oder kann das nach-rechts-Driften des bürgerlichen nicht auch eine Stärkung des linken Lagers bedeuten? Welches Potential bietet eine SPD in der Opposition für die Kämpfe »auf der Straße«? Was ist überhaupt übrig vom linken Lager, mit den GRÜNEN als voraussichtlicher Regierungspartei, einer historisch schwachen SPD und einer LINKEN, die sich ihrer antirassistischen Haltung weniger denn je sicher zu sein scheint? Oder ist die Frage ganz falsch gestellt, weil sich das linke Lager längst außerhalb der Parlamente formiert – bei G20, We’ll come united, Ende Gelände, der Besetzung der Volksbühne in Berlin, in Facebook-Kampagnen und solidarischem Handeln im Alltag?

Und schließlich – und eigentlich zuallererst: im Sommer 2019 wird in Sachsen gewählt, wir haben also knapp 2 Jahre, um eine Machtübernahme der AfD zu verhindern. Schaffen wir das? Welche Idee haben wir konkret, für Sachsen, die AfD, den Kampf gegen die Rechte, gegen Rassismus, Antifeminismus und autoritäre Wende im Allgemeinen? Welche Bedeutung haben breite Bündnisse gerade jetzt – oder zeigen der Wahlausgang und der Erfolg der Polarisierung von rechts, dass Kompromisse, verschwommene Positionen und reine Abwehrkämpfe eben doch nicht zu gewünschten Ergebnissen führen?

Bild: Meine Wahl, 2005