Auch wir Frauen in Kolumbien streiken – Für ein Leben ohne Gewalt und Diskriminierung für alle!

Anlässlich des internationalen Frauen*kampftages erreicht uns das Grußwort einer Genossin aus Kolumbien, wo einzelne von uns gerade auf einer Karawane der Solidarität unterwegs sind. Mayra Alejandra Acuña López vom sozialen und politischen Netzwerk Congreso de los pueblos spricht über die Perspektive feministischer Kämpfe im Kontext des sogenannten Friedensprozesses in Kolumbien.

Arm in Arm gehen wir auf die Straße – alle, mit unseren Schwestern überall auf der Welt, gemeinsam!

#SiNuestrasVidasNoValenProduzcanSinNosotras #WennUnsereLebenNichtsWertSindProduziertDochOhneUns

In einem weltweiten ungleichen kapitalistisch-patriarchalen System, das uns auf unseren Territorien aufgezwungen wird, erleiden wir als kolumbianische Frauen, Bäuerinnen, indigene Frauen, afroamerikanische Frauen, Stadtbewohnerinnen, junge Frauen, Mädchen und Großmütter den Kontext des Krieges.

Trotz des scheinbaren Friedens, der auf das Friedensabkommen mit der FARC und die Gespräche mit der ELN projiziert wird, ist die Situation der Frauen im Land kritisch. Offiziellen Statistiken zufolge wurden im Jahr 2016 tagtäglich drei Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet. Die am stärksten Betroffenen hinsichtlich sexueller Übergriffe waren Mädchen. Alle 26,3 Minuten geschah ein gewalttätiger Vorfall. Beunruhigend ist außerdem, dass Vorfälle sexueller Gewalt durch bewaffnete Akteure andauern: Im Laufe des Jahres 2016 wurde im Schnitt alle drei Tage eine Frau von einem in die hiesige soziopolitische Gewalt verstrickten Akteur sexuell angegriffen.

Ungewissheit erzeugt darüber hinaus das Eindringen paramilitärischer Gruppen in unsere Territorien, das unser Leben bedroht, sowie die extraktivistischen Politiken, die unserer Territorien zu zerstören trachten. Ungewissheit bedeutet auch die Tatsache, dass es weder Garantien für die Teilhabe der sozialen und politischen Bewegungen am gesellschaftlichen Prozess gibt, noch für ihr Leben: Laut dem Kolumbianischen Büro des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte gab es zwischen Januar 2016 und Oktober 2017 einen 125-prozentigen igen Anstieg der Morde gegen führende Menschenrechtsaktivistinnen.

All dies geschieht zeitgleich zur sexuellen Belästigung, wenn wir öffentliche Plätze einnehmen, zum Lohngefälle zwischen Männern und Frauen, zu unserer doppelten Arbeitsbelastung, die jedoch nicht anerkannt wird, da es sich um Hausarbeit handelt, und die ausschließlich auf unsere Schultern fällt.

Wir machen hier klipp und klar deutlich, dass das kolumbianische Volk noch immer weit entfernt ist von einem wirklichen Frieden, der nicht nur das Stillschweigen der Gewehre einer Guerilla ist, sondern die echte soziale und politische Transformation beinhaltet. Eine Transformation für ein Land, in dem es ein würdiges Leben geben soll und das erst dann möglich sein wird, wenn wir daran nicht nur teilnehmen, sondern auch unsere Rolle als Erbauerin dieses würdigen Lebens anerkannt wird.

In Verteidigung der gerechten Kämpfe für unsere Rechte und von unseren Uteri ausgehend, stürzen wir uns diesen 8. März auf die Straßen. Wir gedenken unserer Widerstände und Kämpfe. Und wir werden mit unserer Mobilisierung weiter machen, bis wir eine gerechtere Welt für alle erreicht haben.

Für das Andenken unserer Großmütter, für die Befreiung unserer Körper und Territorien, die in Zukunft kein Beutegut im Krieg des Großkapitals sein werden!

Mayra Alejandra Acuña López ist Feministin, Menschenrechtsaktivistin und Mitglied des sozialen und politischen Netzwerks Congreso de los pueblos. Der Congreso kämpft seit 2010 für ein würdevolles Leben und die Selbstbestimmung der kolumbianischen Linken und ist ein Netzwerk von bäuerlichen, indigenen, urbanen und feministischen Organisationen.

Bild: Graffiti in Santa Marta, Kolumbien.