Im Angesicht des Krieges in Syrien

Krieg. Er kündigte sich an. Nun ist er da. Erneut. Der türkische Staat begann am 9. Oktober den zweiten völkerrechtswidrigen Angriff auf syrischem Gebiet und gegen die von der kurdischen Bewegung geschaffene selbstverwaltete Region Rojava. Aus dem Inneren des Krieges erreicht uns ein Zuruf der Kampagne "Make Rojava Green Again" (MRGA), das Teil der Internationalistischen Kommune ist.

Der Krieg hat viele Seiten

Kriegsflugzeuge donnern über unsere Köpfe und zum ersten Mal seit Beginn der Revolution hören wir wie nur einigen Kilometer von uns entfernt Bomben auf die Stadt Derik fallen. Einige Freund*innen rufen an, auch in anderen Städten ist die Situation angespannt, auch dort fallen Bomben. Der türkische Staat bedroht seit langem die ökosozialistische Revolution, die in Rojava stattfindet, und heute sind ihre Bedrohungen Realität geworden. Es ist keine Überraschung, wir hatten diesen Tag schon seit Monaten erwartet. Wir sind bereit und werden diese Revolution verteidigen.

Wir erleben auch einen Krieg gegen die Natur, der türkische Staat zerstört die ökologischen Lebensgrundlagen der Menschen, indem er Wälder verbrennt, Flüsse aufstaut und Böden mit chemischen Waffen und Uranmunition verpestet. Der türkische Staat versucht seit Jahren, den Widerstand in Kurdistan zu brechen und die Revolution in Rojava zu zerstören, geschafft aber hat er es nie. Und deshalb greift der türkische Staat jetzt noch vehementer und direkter an und will in ganz Rojava einmarschieren. Der Krieg, der gerade beginnt, ist die Fortsetzung von jahrzehntelanger faschistischer Politik und Unterdrückung.

Die Herrschenden versuchen, die Gesellschaft und die Natur zu kontrollieren und zu dominieren, und sie werden alle Anstrengungen unternehmen, um das zu zerstören, was sie nicht dominieren können. Sie werden die Bevölkerung angreifen, und sie werden die Natur angreifen, in der diese Bevölkerung lebt. Jetzt attackieren sie uns mit dem gesamten Arsenal, das zu einer Nato-Armee gehört: Mit Kriegsflugzeugen, Drohnen und Panzern. Die Kriegsmaschinerie, die gegen Rojava in Gang gesetzt wird, zeigt deutlich, wie krank dieses System ist. Ein System, das immer neue Waffensysteme in Stellung gegen die Menschen in der Region bringt, ein System, in dem Milliarden mit dem Kriegsgeschäft gemacht werden.

Die Rojava-Revolution begann vor mehr als 7 Jahren

Trotz der Schwierigkeiten und Widersprüche, trotz der physischen und medialen Kriegsführung schreibt das Volk in Rojava und in der Demokratischen Föderation Nordostsyrien weiterhin Geschichte. Eine Geschichte der Demokratie, Frauenbefreiung und der Ökologie. Eine Geschichte der Revolution und des Internationalismus. Eine Geschichte der Alternativen zur gegenwärtigen kapitalistischen Mentalität und zum nationalstaatlichen System. Um diese Alternativen aufzubauen, arbeiten wir in allen gesellschaftlichen Bereichen: Bildungs- und Gesundheitsprojekte werden durchgeführt und sind für alle offen. Genossenschaften und kommunale Wirtschaftsprojekte für Landwirtschaft und Viehzucht werden entwickelt, in denen die Menschen ihr Land gemeinsam und nachhaltig nutzen können. Hunderte von Aufforstungsprojekten mit Obst- und Olivenbäumen werden in Zukunft dazu beitragen, den Auswirkungen des Klimawandels und der gnadenlos fortschreitenden Wüstenbildung entgegenzuwirken.

Der wichtigste Kampf in dieser Revolution ist der Kampf gegen das Patriarchat und für die Befreiung der Frauen. Denn das Patriachat, die Männerherrschaft über die Gesellschaft ist die älteste Herrschaftsform, auf ihr beruhen alle anderen Formen von Unterdrückung, auch die Ausbeutung und Unterwerfung der Natur. Die Revolution von Rojava ist die Fortsetzung eines langen Prozesses, der an die Wurzeln der gesellschaftlichen Probleme geht. Rojava lehrt uns, dass wir unsere Sichtweise auf Mensch und Natur tiefgreifend verändern müssen, wenn wir ein anderes Leben führen wollen. Veränderungen, die darauf abzielen, den Kapitalismus zu reformieren oder ihm ein grüne Maske aufzusetzen werden nur die Dominanz von Männern, die Unterdrückung und die Ausbeutung verewigen.

Krieg tötet Menschen und zerstört die Natur, aber der Krieg trifft auch auf erbitterten Widerstand. Widerstand kann schöne Dinge schaffen, wie Gemeinschaft, Organisierung, gegenseitige Hilfe und Solidarität. Diese Werte sind die Grundlage für eine revolutionäre Gesellschaft, eine politisch bewusste und ethische Gesellschaft, die sich selbst verteidigen kann. Und nicht einmal 1000 Bomben können eine revolutionäre Gesellschaft zerstören, die bereit ist, sich zu verteidigen.

In diesen Tagen brauchen wir die Unterstützung und Solidarität der lokalen Unterstützergruppen von Make Rojava Green Again und von der Ökologie- und Klimabewegung. Wir brauchen sie so dringend wie nie zuvor. Wir wissen, dass die Ökologie- und Klimabewegung weltweit Tag für Tag wächst und immer widerständiger wird, wir senden Grüße und Solidarität and diejenigen, die sich dem zerstörerischen patriarchalen und kapitalistischen System widersetzen. Wir nehmen die vielen Aktionen wahr, die Demos, Besetzungen, Blockaden und die vielen kleinen und großen Projekte, mit denen Menschen den Aufbruch in eine neue Zeit wagen. Wir sehen, dass überall auf der Welt immer mehr Menschen von den gleichen Träumen motiviert sind wie wir, von den gleichen Ideen, die uns nach Rojava gebracht haben.

Der Kampf, den wir in Rojava führen, ist Teil eines globalen Kampfes. Und wir werden unseren Einsatz für ein freies und grünes Rojava mit aller Anstrengung fortsetzen. Nur wenn wir Rojava verteidigen, kann die Hoffnung hier weiter blühen. Und wir rufen unsere Mitstreiter*innen in der ganzen Welt dazu auf, sich der Verteidigung Rojavas anzuschließen.

Autor*innen: Make Rojava Green Again hat in Zusammenarbeit mit dem Ökologie-Komitee und dem Komitee für Naturschutz des Kantons Cizire ökologische Projekte in Rojava ins Leben gerufen.

Bild: Trotz ständiger kriegerischer Bedrohung, arbeitet MRGA unbeirrt weiter. Nur wer die Hoffnung am Leben hält, kann sich widersetzen. Quelle: MRGA.